Aussendarstellung und makabere Zahlenspiele

Posted by admin at 17:42 am 06.06.2011

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Wenn es um das öffentliche Bild Dr. Hamers geht, speziell durch die in den Medien dargestellten Informationen, entsteht der Eindruck, Hamers Anhänger würden vor allem Krebskranken Hoffnung auf Heilung machen und ihnen somit die Möglichkeit einer konventionellen medizinischen Behandlung entziehen, wodurch unnötiges Leid und Todesfälle entstünden. Eine der verwendeten Formulierungen, die hierzu des öfteren in den Medien zu vernehmen sind, ist "Leichen pflastern seinen Weg". Es wird auch immer wieder erwähnt, dass die verstorbenen Personen in konventioneller Behandlung bessere Chancen oder zumindest weniger Leid zu ertragen gehabt hätten.
Um ein wenig Übersicht in diese Darstellungen zu bringen, will ich in diesem Artikel einige Fakten und Behauptungen aufführen und miteinander vergleichen, gegebenenfalls erläutern.

Die Quellen derer ich mich dabei bediene, sind öffentlich zugänglich.

Verglichene Daten

    • Todesfälle die Dr. Hamer vorgeworfen werden
    • Todesfälle vergleichbarer Umstände in der BRD


Verwendete Quellen   

    • Todesfälle, die Hamer vorgeworfen werden:    Die Webseite von Aribert Deckers, dem vielleicht engagiertesten "Hamer-Gegner" http://tinyurl.com/3vaorsj

 


Relativierung
Es gilt zu beachten, dass die vorliegenden Zahlen durchaus nicht präzise sind. Das liegt einerseits daran, dass die Todeszahlen, die Hamer vorgeworfen werden, nicht nach Todesursachen gegliedert sind. Hinzu kommt der Umstand, dass in der Liste von Herrn Deckers auch Personen aufgelistet werden, die nicht bei Hamer selbst in Behandlung waren, sondern evtl. in telefonischem Kontakt mit ihm standen oder eines seiner Bücher gelesen hatten (Frechet, Connell). Auf der anderen Seite werden die Todesfälle, die Hamer vorgeworfen werden, mit der Gesamtzahl der Todesfälle verglichen, die dem Fachbereich der Onkologie, und zwar ausschließlich den "bösartigen Neubildungen" zuzuordnen sind. Bei diesem Vergleich kann mangels Informationen keine Unterscheidung zwischen ambulanter oder stationärer Behandlung oder vorliegendem Krankheitsbild gemacht werden. Als zusätzlicher Faktor kommt hinzu, dass die Gesamtzahl der in Deutschland tätigen Onkologen nur durch Mittelung geschätzt werden kann.

Die verwendeten Zahlen

    1. Todesfälle, die Hamer vorgeworfen werden. Herr Deckers nennt 149 angeblich nachweisliche Todesfälle, gibt danach 500 ungeklärte Fälle aus Zeiten des "Zentrum für Neue Medizin" in Burgau, Österreich an und mittelt schließlich auf eine vorsichtige Schätzung von "mindestens 300 Toten". Er bezieht sich hierbei auf den Zeitraum von 1982 bis 2007, also 25 Jahre. Für diesen Vergleich verwenden wir diese Schätzung, also die Zahl 300.   
    2. Todesfälle durch "bösartige Neubildungen" im Jahr 2009, dokumentiert durch das statistische Bundesamt: 216128 (ICD-10-Kategorie C000 bis C97). Todesfälle durch "gutartige Neubildungen" (6025) werden nicht berücksichtigt.
    3. Gemittelte Zahl von Onkologen in Deutschland. Hierbei wird einerseits Wikipedia als Quelle verwendet, es wird für das Jahr 2008 eine Zahl von 42730 Fachärzten für Innere Medizin angegeben, wozu auch die Onkologie als Spezialgebiet gehört. Die Innere Medizin wird in acht Spezialgebiete unterteilt (http://tinyurl.com/643d8u). Teilt man nun die Anzahl an spezialisierten Fachärzten für Innere Medizin durch die Anzahl an Spezialisierungen, ergeben sich (42730 : 8) 5341 spezialisierte Fachärzte pro Spezialisierung. Da diese Rechnung nun höchstwahrscheinlich nicht präzise ist, ziehen wir als Vergleichswert die Mitgliederzahl der Deutschen Krebsgesellschaft heran. Hier werden für das Jahr 2011 6600 Mitglieder angegeben. Da die berufliche Qualifikation als Onkologe aber keine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der DKG ist, mitteln wir die beiden Zahlen. Das Resultat ist 5970.

 


Ergebnisse   

    1. Dr. Hamer wird ohne Berücksichtigung der genauen Krankengeschichte und der Umstände zwischen den Jahren 1982 und 2007 die Zahl von 300 Todesfällen vorgeworfen. Bei diesem Zeitraum von 25 Jahren wären es 12 Todesfälle pro Jahr   
    2. Ohne Berücksichtigung der einzelnen Krankengeschichten und der Art der Behandlung sind allein im Jahr 2009 217128 Menschen mit der Diagnose "bösartige Neubildung" in Deutschland verstorben. Bei einer geschätzten Zahl von 5970 Onkologen in Deutschland wäre dies ein Verhältnis von 36 Todesfällen pro Jahr und Facharzt für Onkologie.

 


Kommentar

Beim reinen Anblick der Zahlen mag dieses Verhältnis erschrecken. Wenn man jedoch bedenkt, dass in diesem Vergleich weder die einzelnen Krankengeschichten, noch die Art und Dauer der Behandlung berücksichtigt werden können, so muss sich dieses Verhältnis natürlich relativieren. Es lassen sich beliebig viele weitere Details berücksichtigen, wie beispielsweise, dass aufgrund der Vorsorgeuntersuchungen auch Menschen mit sehr frühen Stadien einer Krebserkrankung in onkologische Behandlung kommen, während viele von Hamers Fällen bei Therapiebeginn mit Hamer bereits eine konventionelle medizinische Behandlung hinter sich oder abgebgrochen hatten. Ebenso wird bei diesem Vergleich aufgrund des Mangels an Daten nicht berücksichtigt, wie viele Menschen sich in dem in Frage kommenden Zeitraum überhaupt in Hamers Behandlung begeben haben und wie viele Menschen zu "Hamers Todesfällen" gezählt werden, die nur ein Buch von ihm gelesen haben oder schlichtweg Therapieverweigerer waren, ohne eine professionelle therapeutische Hilfe in Anspruch genommen zu haben. Für die konventionelle medizinische Behandlung lässt sich eine Abschätzung machen. Hier schätzte der Krebsinformationsdienst eine Zahl von 450000 Krebserkrankungen für das Jahr 2010 (http://tinyurl.com/5vxw3hm). Da gerade Krebserkrankungen und -behandlungen sich oftmals über Jahre hin ziehen, lassen sich die Zahlen natürlich nicht direkt gegenüberstellen, sondern erlauben höchstens eine vage Einschätzung. Da jedoch auch in der Darstellung von Hamer nicht die gesamten Fallzahlen, sondern nur die Todesfälle genannt werden, ergänzen sich die unvollständigen Vergleiche.

Wie man diese Zahlen und Verhältnisse auch betrachten mag, es sollte unbedingt darauf hingewiesen werden, dass aufgrund mangelnder Informationen über Gesamtfallzahlen keine voreiligen Schlüsse gezogen werden können.